Gesprächsrunde 20.5.2011 - Persönliche Assistenz

Jeden dritten Freitag im Monat (mit Ausnahme Juli und August) findet ab 15.00 Uhr im Sehzentrum der Vereinigung sehbehinderter Menschen eine Gesprächsrunde statt.
Sehzentrum: Wien 3, Marxergasse 27/14
Die aktuellen Themen werden zuvor per Email-Aussendung bekanntgegeben


Auf Dein/Ihr Kommen freut sich
Eduard Holubarz
A-1030 Wien, Keinergasse 17/4
Tel.: 0676 461 66 67

Zusammenfassung Gesprächsrunde Freitag, 20. Mai 2011

Thema: Persönliche Assistenz

Eduard Holubarz führte durch die Gesprächsrunde, die folgendes zur persönlichen Assistenz besprach:

- Arbeitsassistenz, persönliche Assistenz am Arbeitsplatz,
persönliche Assistenz privat
- Aufgabe der persönlichen Assistenz
- Antragstellung und Finanzierung
- Verhältnis Assistent-Klient
- Weitere Berufe im Umfeld behinderter Menschen

Abgrenzung Arbeitsassistent – persönliche Assistenz. Ein Arbeitsassistent ist jemand, der über die nötige fachliche Ausbildung verfügt, um in einem spezifischen Arbeitsgebiet beratend zur Seite zu stehen. Hier geht es um das Einbringen fachlicher Qualifikationen und nicht um alltägliche Hilfeleistungen.
Z.B. in einer Rechtsanwaltskanzlei nehmen Anwälte einen Konzipienten auf, der unter Aufsicht selbstständig mit Fällen der Anwälte betraut wird. Hier kann der Arbeitsassistent zu den Themen Arbeitsabläufe, technische Hilfsmittel und oder Unterstützungen wie etwa Assistenz am Arbeitsplatz oder Mobilitätshilfen beraten.

Bei der persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz wird keine fachliche Ausbildung vorausgesetzt. Sie darf vom Klienten auch nicht verlangt werden. Es dürfen nur bestimmte Qualifikationen verlangt werden, die in unserer Gesellschaft allgemein vorausgesetzt werden können, wie Lesen, Schreiben, Rechnen, die Bedienung eines Computers, der Besitz eines Führerscheins der Klasse B, etc.
Der persönliche Assistent am Arbeitsplatz geht dem Klienten bei grundlegenden Tätigkeiten zur Hand wie Korrespondenz, Vorlesen, Abrechnungen durchführen, Waren übernehmen, etc. Wichtig ist, dass von vornherein geklärt ist, wie viele Prozent der genehmigten Stunden für berufliche oder persönliche Angelegenheiten gewidmet sind und dass diese Aufteilung im Alltag beachtet und eingehalten wird. Ist ein Assistent ausschließlich für berufliche Tätigkeiten zugeteilt, darf man ihn nicht für private Angelegenheiten in Anspruch nehmen, wie beispielsweise Einkaufen.

Die Antragstellung und Assistenzkonferenz wird in Wien von der WAG (Wiener Assistenzgenossenschaft) übernommen. Hier wird festgelegt, wie viele Stunden pro Woche an Assistenz notwendig und ob diese beruflichen oder privaten Zwecken dient. Bei beruflicher Notwendigkeit muss der Arbeitgeber diese bestätigen. Arbeitgeber und Klient müssen keinen finanziellen Beitrag leisten.
Es gibt keine Einkommensgrenze bei der Finanzierung der persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz durch die WAG.
Es gibt aber auch keinen Rechtsanspruch behinderter Menschen auf eine Assistenz. Die Zuteilung erfolgt nach Dringlichkeit und den vorhandenen finanziellen Mitteln. Bei der persönlichen Assistenz für den privaten Bereich ist die Wartezeit auf Anerkennung weitaus länger als bei der persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz. Berufstätige Menschen erhalten leichter eine Assistenz als Nichtberufstätige Menschen mit Behinderung.
In Wien bezahlt der FSW (Fonds soziales Wien) leider für Menschen mit Sinnesbehinderungen keine persönliche Assistenz für private Zwecke.

Verhältnis Klient – Assistent. Das Wichtigste vorweg: Der Klient kann sich seinen Assistenten selbst aussuchen, wenn nicht wird ihm ein Assistent zugewiesen. Der Klient kann auch mehrere Assistenten haben.
Eine Teilnehmerin der Gesprächsrunde hat derzeit 3 persönliche Assistenten sowohl für den beruflichen als auch für den privaten Bereich.
Eduard Holubarz betonte, wie wichtig es ist, mit dem Assistenten zu klären, welche Rolle dieser z.B. in Besprechungen hat. Soll der Assistent nur helfend und unterstützend eingreifen oder soll dieser auch zu fachlichen Themen seine Meinung abgeben dürfen.
Die persönliche Beziehung Klient – Assistent hängt von der grundsätzlichen Haltung des Klienten ab. Beobachtet und beklagt wurde u.a. das manche Klienten ihre Assistenten wie „Sklaven“ anherrschten und behandelten. Hier entscheiden der Charakter und das Menschenbild wie sich eine zwischenmenschliche Beziehung gestaltet.
Abschließend wurden weitere Berufe im Umfeld behinderter Menschen besprochen, wie die 24-Stunden-Pflege oder der Sex-Helper. Beide Berufe setzen eine fachliche Ausbildung voraus und unterscheiden sich dadurch von der persönlichen Assistenz.

Eine notwendige fachliche Ausbildung kann allerdings auch der Zuerkennung persönlicher Assistenz im Wege stehen. Taubblinde Menschen sind bei der Kommunikation auf Lormen angewiesen, bei der der „Sprechende“ auf die Handfläche des „Lesenden“ tastet.
Hier handelt es sich um eine Spezialqualifikation, die bei allen Menschen nicht vorausgesetzt werden kann und daher entsprechend entlohnt werden muss, was mit den Stundensätzen der persönlichen Assistenz nicht vereinbar ist, wie eine Mitarbeiterin des Österreichischen Hilfswerks für Taubblinde in der Gesprächsrunde berichtete.

Wir danken allen Teilnehmern fürs Kommen.

Lilana Prerowsky und Eduard Holubarz

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